Montag, 21. Februar 2011

Ein Festival und ein Arztbesuch

Nein, anders als die Überschrift vielleicht vermuten lässt hängen die beiden nicht zusammen. Das Festival war sehr friedlich und hat den Arztbesuch nicht nötig gemacht ;)

Ich weiß nicht, wo im Internet ich es entdeckt habe, jedenfalls bin ich auf das Winter Folk Festival (http://www.abetterworld.ca/) gestoßen, das dieses Wochenende stattgefunden hat. Gestern bin ich dann mit Amelie hingegangen und wir haben uns zuerst in der Mambo Lounge und dann im Black Swan verschiedene Musiker angehört. Der erste war Peter Wildman, der witzige, aber doch sehr sarkastische Stücke schreibt, in denen er Eltern zu Wort kommen lässt, die ihr Kind nicht lieb haben "Mummy and I don't love you ..." oder beschreibt, wie er eine Katze überfahren hat "The Cat Went Squish" (wen es interessiert kann es hier anhören http://www.peterwildman.com/index.cfm?pagepath=Music&id=29740). Wir haben auf jeden Fall viel gelacht, während wir gemütlich Tee, Latte und Wasser getrunken haben (Leitungswasser kann man hier übrigens umsonst bestellen). Nach Peter Wildman übernahm Paul Langille die "Bühne" (eine Ecke vorne in der recht kleinen Bar). Der Mann hat's drauf, auch wenn Amelie und ich nach einigem überlegen, welches Lied es denn nun ist entlarven konnten, dass die Melodie von "Words Like Adore" (http://www.myspace.com/paullangille) verdächtig nach "Always on my mind" (http://www.youtube.com/watch?v=n2aMaMkDwTA) von den Pet Shop Boys klingt ... Mein persönlich Favorit von ihm war ja das Lied vom Teddy Bear Picknick, das ich euch auch nicht vorenthalten will (angeblich hat er es nach durchzechter Nacht in einem Workshop für Kinder (die er angeblich nicht mag "Kids are like cats. The less you like them the more they're all over you") um 10am ("and by the look of me you can tell I'm a morning person ...") gesungen ...) Das Video an sich ist uninteressant, die Kellnerin ist reingelaufen etc. es geht ums Lied.



Danach kam dann noch eine Gruppe von 'playwrights', die Musik für Theaterstücke wie "My Mother's Lesbian Jewish Wiccan Wedding" schreiben ...

Während dieses Auftritts haben wir die location gewechselt und sind in 'The Black Swan' gegangen, wo gerade ein etwas seltsamer Typ den Blues sang, gefolgt von drei sehr versierten Gitarristen, die unter dem Titel "Fingerstyle Frenzy" auftraten. Amelie hat mich dann verlassen und ich habe auf 'Erin Hill and Her Psychedelic Harp' gewartet. War nicht so richtig toll, ich fand die Frau etwas creepy und ich nehm ihr das Lächeln nicht so ganz ab ... (meiner Meinung nach hat sie etwas vom Grinch, ihr könnt euch ja mal Fotos anschauen ;) ... http://www.erinhill.com/) Aber Harfe spielen kann sie, das muss man ihr lassen und ich mag Harfe :)
Die zwei älteren Herren, die sich in der Zwischenzeit an meinen Tisch gesellt hatten, waren gar nicht von ihr überzeugt ("Don't judge our music by this!" "It's Las Vegas come to the Black Swan"). Dafür haben sie mir eine Bier-Empfehlung für meinen boyfriend genannt, nachdem sie erstmal meinten, wenn ich aus Deutschland käme wäre das aber sicher schwer mit dem Bier hier ... 
Durch die beiden netten Herren aus dem Black Swan habe ich auch erfahren, dass im Dora Keogh Pub auf der Danforth Avenue regelmäßig Irish Sessions stattfinden ... ich weiß, wo ich demnächst Donnerstag oder Samstag mal hingehe ...

In der Mambo Lounge saß übrigens eine Frau neben uns, die uns nach einiger Zeit auf Deutsch ansprach und sich sehr freute Deutsch zu hören, weil ihre Mutter aus Bremen kommt ... sowas in der Art ist mir auch schon mit dem Typen passiert, der unicef-Spenden wollte und mich auf Deutsch ansprach, nachdem ich mich als Deutsche enttarnt hatte und mir erzählte er hätte ein Jahr in Freiburg studiert ...
Soviel zum Festival, es waren auf jeden Fall unterhaltsame 5 Stunden, die ich dort verbracht habe :)

Jetzt zum Arztbesuch, der war heute und resultiert aus meiner immer noch andauernden Blasenentzündung. Nachdem ich von Kolleginnen und meiner Vermieterin schon einiges Negative über das kanadische Gesundheitssystem gehört habe, war ich dann in der Albany Walk-In-Clinic an der Broadview Avenue, die trotz Family Day auf hatte. Abgesehen davon, dass ich die mich umgebenden, größtenteils mit Mundschutz versehenen Patienten etwas beängstigend fand, lief das Ganze recht gut. Ich kam relativ schnell dran, bekam ohne viel Aufhebens oder Überprüfen, ob die Blasenentzündung überhaupt durch Bakterien verursacht ist (we don't have a laboratory here and since you've already taken antibiotics ...) sofort das Standard-Antibiotikum verschrieben. Macht dann bitte 64$. Vor allem die eine Sprechstundenhilfe war dafür sehr nett und gut gelaunt ...
Auf das Medikament (weitere 23$) musste ich dann in der Apotheke nebenan auch nur eine halbe Stunde warten ... ein bisschen Sehnsucht nach Deutschland könnte man da schon bekommen, oder? ;)

Samstag, 19. Februar 2011

Week 5


Am Dienstag hatten Amelie und ich eine etwas außergewöhnlichere Aufgabe: Mithilfe beim Aufbau der Vitra-Ausstellung (http://www.goethe.de/ins/ca/tor/ver/en7146531v.htm) im Deutschen Konsulat. 
 
Das Deutsche Konsulat hat seinen Sitz auf der 25. Etage eines Wolkenkratzers direkt an der Subway-Station Bloor/Yonge. Unglaubliche Aussicht auf Toronto durch riesige Glasfenster rundum! Das gibt auch dem Ausstellungsraum etwas Besonderes. Wirklich ein toller Ort für Ausstellungen, wenn im Hintergrund immer das Panorama der Stadt zu sehen ist.
Stadtpanorama mit Seeblick

Ich hätte nie gedacht, wie lang es dauern kann Bilder an die Wände zu hängen, aber Amelie und ich haben insgesamt etwa zwei Stunden gebraucht, die farbigen Beschreibungen (s.u.) gerade und im richtigen Abstand aufzuhängen. Dafür sieht es jetzt super aus :) (abgesehen von den Wasserflecken und Kratzern, die manche Bilder haben, da die Ausstellung schon seit 1990 um die Welt tourt …)

Dann haben wir noch mitgeholfen die Ausstellungssäulen richtig zu stellen (die allertollste Wellenlinie vor dem Fenster rechts haben natürlich wir gestaltet, der Rest ist Sally zu verdanken). Dann mussten wir noch die 100 Plexiglas-Boxen mit den Miniaturstühlen auf die Säulen stellen und zuletzt nachschauen, ob Stühle beschädigt waren und wenn dem so war die Kästen aufschrauben und kleben, richten, zurechtrücken, reparieren. Ich finde wir dürfen uns jetzt rechtmäßig auch Kuratorinnen und Schreiner/Designerinnen nennen ;)
Stuhl und Stadt
Überblick nach getaner Arbeit
Auf dem Rückweg vom Konsulat bin ich dann mit Amelie 2 Stationen weiter gefahren, aus der Richtung bin ich die Danforth Avenue nämlich noch nicht entlanggelaufen … sonderlich sehenswert ist sie auch nicht (in der anderen Richtung wird es schöner hab ich jetzt festgestellt, so ab Chester Station) aber schon irgendwie spannend. Man kommt am Kabul Market vorbei, der gegenüber vom Irish Pub und dem Vegetarian Thai-Restaurant, neben einer Moschee, umrahmt von einer katholischen, gegenüber von einer baptistischen, in der nähe von einer griechisch-orthodoxen Kirche, angrenzend an die Indo-Canada Bakery, angrenzend an Tim Hortons, City Fried Chicken & Pizza und dem Obama Café liegt. Multi!

Ach, ich werde übrigens komisch - vielleicht könnte man auch sagen "kanadisch" (da beides mit 'k' anfängt und mit 'isch' aufhört, macht das wohl auch keinen großen Unterschied ;) ) - was mein Temperaturempfinden angeht. Ihr würdet mich zwar immer noch nicht mit Nylonstrumpfhose (oder auch ohne) und Rock rumrennen sehen (wie es nicht wenige tun), aber -11°C können mich nicht mehr schrecken und halten mich auch nicht mehr davon ab rauszugehen. Und wenn es wie gestern sogar unglaubliche "warme" +8°C sind habe ich schon fast das Gefühl es ist richtig Frühling, wenn nicht Sommer. In Deutschland würde ich mich über solche Temperaturen sicher beschweren und frieren. Die Differenz machts - von -20°C bis +8°C sind es schließlich 28°C, also genau wie 0°C bis 28°C ... packt die Bikinis aus, wir gehen im Ontario Lake baden! Oder vielleicht auch nicht, meine Theorie überzeugt selbst mich nicht so ganz und der See soll ziemlich dreckig sein (ja ich geb's zu, ich hab ihn immer noch nicht aus der Nähe gesehen, kommt schon noch).


Schönen Sonntag wünsch ich! :)

"You Germans don't know how lucky you are!"

Zitat meiner Vermieterin gestern morgen, als wir über Feiertage und Urlaub in Deutschland und Kanada im Vergleich sprachen. Es gibt hier zwar den Family Day (21.02.) und March Break, Ostern ist aber nur entweder Karfreitag oder Ostermontag frei, Pfingsten wird nicht gefeiert, Fronleichnam und Christi Himmelfahrt sind Arbeitstage, Karneval gibt's natürlich gar nicht, kein Allerheiligen ... was haben wir denn noch so Schönes? Ach ja, Herbstferien ... dafür sind hier aber glaube ich die Sommerferien länger. Die Anzahl der Urlaubstage hängt hier wohl von der Dauer ab, wie lange man schon für die Firma arbeitet und wenn man anfängt sind es ganz wenige. Dann kamen wir noch auf das Sozialsystem, Sicherheit der Arbeitsplätze, Elternzeit (vor allem Vaterschaftsurlaub, den es wohl zum Beispiel in England, wo Astrids Sohn arbeitet nicht gibt - ab gesehen von den 2 Tagen, die der Vater bei einer Geburt frei kriegt) ...

Was das Gesundheitssystem angeht könnte man sich hier wohl übrigens auch eine Scheibe von Deutschland abschneiden, zumindest ausgehend von allem, was ich bisher hier gehört habe und im Moment auch teilweise selber erlebe ...

Maybe we Germans really don't know how lucky we are, at least in some respects.

Mittwoch, 9. Februar 2011

Everyday Life


Ich versuche jetzt wieder ein bisschen regelmäßiger zu schreiben, wie man sieht :)

Heute war ich wieder im Underground unterwegs – wie auch in den letzten beiden Tagen. Wir – also die BKD (Bildungskooperation Deutsch) sollen Trostpreise an sieben Schulen in Kanada verschicken, die beim Award of Excellence 2010 teilgenommen haben. Die Materialien habe ich letzten Freitag schön zusammengesucht: 1 DVD, 1 CD, 1 Buch, Poster, Broschüren, Postkarten, Buttons etc. Das Ganze muss natürlich irgendwie verpackt werden, also mussten Kartons und mailing tubes her. Normalerweise ist dafür Jonathan – unser Hausmeister zuständig (ich habe glaube ich mal irgendwann behauptet der Teilzeit-Praktikant hieße Jonathan, der heißt aber Ian - das habe ich in der anfänglichen Namenflut am ersten Tag etwas durcheinandergebracht). Der hatte aber bis heute Urlaub, also durfte ich mit der Grand&Toy-Karte bewaffnet einkaufen gehen. Die Wegbeschreibung von Ruth und Kolleginnen hab ich nicht so ganz verstanden, den Laden aber interessanterweise doch sofort gefunden. Da soll noch mal jemand was von wegen Frauen und Orientierungssinn sagen! In dem Laden stellte sich dann heraus, dass meine ‚Großbestellung‘ von 7 mailing tubes und 7 kleinen mailing boxes den Laden überforderte (man sollte vielleicht dazu sagen, dass Grand&Toy eine recht große Kette ist). Ich konnte 1 tube erstehen und wurde dann – nach mehrminütigem Anruf der Angestellten – zur nächsten Filiale im Toronto Dominion Centre geschickt (ich war gerade im Sunlife Centre), in dem tatsächlich noch weitere 5 tubes, sowie 8 mittelgroße boxes vorrätig waren. Die 7. tube habe ich dann noch bestellt. In dem anderen Laden habe ich die tubes gekauft, die boxes erschienen mir zu groß, ich hab eine kleine mitgenommen, später angerufen, davon noch 6 bestellt, bin sie gestern abholen gegangen, wollte auch die letzte tube holen, die war noch nicht da, ich hab sie heute geholt. Bei mir habe ich dann gedacht: der arme Jonathan, der muss die ganzen Dinger dann gefüllt zur Post bringen, bis mir auffiel ... moment ... Jonathan ist ja gar nicht da ... Inzwischen hat sich das Ganze jetzt aber doch so lang hinausgezögert, das der Versand erst morgen erfolgt. Ich werde ihm aber wohl trotzdem helfen ...

Mailing boxes and tubes - finally 7 each and packed

Ich möchte wirklich behaupten, dass ich mich jetzt relativ gut  im Underground auskenne, heute habe ich es dann auch tatsächlich gewagt meine Einkäufe dort unten zu erledigen und nicht wie sonst bei Foodland an der Pape Station oder Marcellis hier um die Ecke. 
Apropos Einkaufen: das Bulk Food Emporium ist auch ein ziemlich cooler Laden. Relativ klein, aber überall an den Wänden stehen Behälter mit allem möglichen Zeug – getrocknete Früchte, Nudeln, Reis, Mehl, Müsli … und man kann sich alles selber in Tüten abfüllen. Die Preise sind dabei deutlich besser als im Supermarkt und ich habe auch endlich Gemüsebrühe-Pulver gefunden. Bisher hatte ich die nur fertig in Tetra-Paks entdeckt.

Wo ich grad über Essen spreche: auf vegetarische Bedürfnisse ist man hier ziemlich gut eingestellt. Ich probiere gerade Yves Vegetarian Slices durch – Ham, Turkey, ab morgen Bologna und es schmeckt wirklich gut. Bei den Veggie Dogs hab ich mich leider vergriffen und die Chili-Variante erwischt, aber davon abgesehen schmecken sie auch nicht schlecht (auch wenn sie im Vergleich mit meinen deutschen Reformhaus-Würstchen nicht bestehen können ;) ). Soja kann man auch in vielen Variationen kaufen, aber daran hab ich mich noch nicht versucht … Übrigens habe ich aus der Not geboren (die Blase …) meine Affinität ( ;) ) zu getrockneten Cranberries entdeckt. Die sind zwar gezuckert (anders könnte man sie wohl auch nicht essen – habt ihr schonmal Cranberry-Saft getrunken? Ich inzwischen schon …) und haben 130 Kalorien auf 40g, sind aber auch einfach total lecker …

Alles in allem hat sich alles sehr gut eingespielt. Ich kenne mich immer besser aus, fahre U-Bahn fast im Schlaf (auch wenn mich das Feierabendgedränge wohl bis zum Schluss nerven wird, vor allem weil man sich dann in einem Daunenmantel halbtot schwitzt).
Ich habe ein Konto bei der BMO (Bank of Montreal), die ich wirklich empfehlen kann. Die Mitarbeiterin war total nett, ich habe ein Studentenkonto ohne Gebühren, gestern kam per Post eine Studenten-Rabattkarte …
Ich habe einen kanadischen Standard-Radiosender (in der Küche steht ein altes Riesenmonstrum von einem Radio): Boom 97.3 – Toronto’s Greatest Hits, wo hauptsächlich Titel aus den 70/80ern gespielt werden (manchmal höre ich auch CHFI Toronto's Lite Favourites – wenn die Musik zur Abwechslung etwas more recent sein darf ;) ). 

das hab ich extra grad noch schnell unten gemacht, damit ihr in dem langen Text auch ein paar Bildchen zum Gucken habt

Ruth nennt mich ‚Kind‘ (‚das hat nichts mit deinem Alter zu tun, das ist Sympathiefaktor‘) und verlässt sich auf mich, dass ich ihr um 16:15h bescheid sage, damit sie nicht ihren Zug verpasst oder ‚wie ein aufgeschrecktes Huhn‘ (ihre Worte) losrennen muss. Es macht wirklich viel Spaß mit ihr zusammen zu arbeiten und sie will mich auch überall hin mitnehmen – PASCH-Vorstellung in zwei Wochen, Hans Hase im März … morgen gibt es auch den zweiten Teacher-Newsletter aus meiner Hand :).

Und … ich habe meinen ersten Brief hier bekommen und mich total gefreut, auch wenn ich ihn erst am Montag aufmachen darf … (vermutlich wisst ihr jetzt auch von wem ;) ). Post braucht nach dieser ersten Erfahrung von Deutschland übrigens ungefähr 6 Tage – nur falls irgendjemand den Drang verspürt mir ebenfalls zu schreiben – Adresse gibt’s auf Anfrage gern.

Nun gut, ich glaube ich hatte noch mehr Sachen im Kopf, die ich erzählen wollte, aber das kann ich ja auch morgen oder übermorgen oder sonstwann tun, falls es mir wieder einfällt :)
Jetzt mach ich mir erstmal die erste selbstgekochte Linsensuppe meines Lebens warm (gestern gemacht). Natürlich schmeckt sie! :)

Sonntag, 6. Februar 2011

News - Update ... oder so :)


Soo … nach mehrfacher Beschwerde, warum es denn seit zwei Wochen keinen neuen Eintrag gibt, gibt es ihn jetzt :)

Drei Wochen sind vergangen, seit ich mich in den Flieger gesetzt hab, um nach Kanada zu reisen und ich muss sagen, die Zeit ist wirklich schnell vergangen bisher, ¼ des Praktikums ist bereits rum …

Mal überlegen, was in den letzten zwei Wochen so passiert ist …

In der Woche passiert nicht so viel Spannendes, der normale Arbeitsalltag eben. Ich recherchiere, schreibe, bearbeite, trinke Tee, quatsche mit Ruth oder Hannah oder Amelie … Die Atmosphäre im Institut ist wirklich gut und gehe jeden Morgen gerne hin.

Letztes Wochenende habe ich dann auch angefangen mir mal die Stadt anzuschauen. Nachdem die Verabredung mit Amelie am nicht vorhandenen Internet gescheitert ist, haben wir unabhängig voneinander den gleichen Teil von Toronto erkundet – China Town und Kensington. China Town fand ich nicht so spannend, abgesehen von einigen mehr oder weniger kuriosen oder ekligen Waren (witzigerweise haben Amelie und ich beide die getrockneten kleinen Fische und Krabben fotografiert …). Aber es war schon interessant plötzlich fast nur noch von Asiaten umgeben zu sein und nur noch chinesische Zeichen zu ‚lesen‘. 

mmh ... ?

Hinter (das heißt westlich von) China Town liegt Kensington (wem der Name bekannt vorkommt: jap, das gibt es auch in London). Da hat es mir wirklich gut gefallen. Das Viertel ist recht klein und alternativ (ähnlich wie in London) und man hat nicht das Gefühl noch in einer Großstadt zu sein. Ich habe dort auch schon zwei Käseläden sowie mehrere vegetarische Restaurants entdeckt, ich werde also sicher nicht zum letzten Mal da gewesen sein.


Sonntag waren Amelie und ich dann bei Hannah eingeladen. Sie wohnt zu Fuß etwa eine halbe Stunde südlich von mir und hat einen ‚clothing exchange‘ organisiert. Das Konzept ist super, ihr könnt euch schon mal darauf einstellen, dass ich sowas auch veranstalten werde, wenn ich wieder da bin.
Die Idee ist folgende: man lädt seine Freundinnen ein, es gibt leckeres Snacks, Schokoladenfondue, Getränke und jeder bringt Klamotten mit, die er nicht mehr haben will. Diese werden dann in einem Zimmer ausgekippt, bilden einen riesen Haufen und auf ‚los‘ fängt jede an zu wühlen und legt die Kleider, die ihr gefallen hinter sich. Dann wird alles anprobiert, herumgetauscht, präsentiert … am Ende zeigt jeder sein Lieblingsteil und diejenige der es gehört hat meldet sich. Alle Kleider, die niemand haben will werden in Tüten gepackt und einer wohltätigen Organisation gespendet, hier dem Women Shelter (14 Tüten sind übrig geblieben). Das war wirklich ein sehr schöner und lustiger Nachmittag. Auch wenn ich nichts an Kleidung beizusteuern hatte, kam ich mit einer gut gefüllten Stofftasche zurück. 4 T-Shirts, 2 Kleider, 4 Pullis, 1 Gürtel, 2 Ketten, Ohrringe, 1 Sonnenbrille … und das alles umsonst. Ich habe zwar keine Ahnung, was ich mit den ganzen Sachen machen soll, wenn ich hier mit dem Praktikum fertig bin (wahrscheinlich werde ich sie einfach in einem großen Karton nach Hause schicken), aber es ist schön sie jetzt zu haben …

Apropos nach dem Praktikum: die Planungen für diese Zeit laufen auf Hochtouren. Ab dem 2.4. bin ich nicht mehr allein hier und ab dem 9.4. beginnt dann bis Ende Juli eine wundervolle Kanadarundreise mit Rucksack, Zelt und Domi :) Daher auch das Klamotten-Problem. Auf so einer Tour ist natürlich Minimalgepäck angesagt, vor allem wenn's dann durch die National Parks oder den Trans Canada Trail langgeht. Ich freue mich schon total darauf und ich denke in 4 Monaten hat man auch viel Zeit das Land mit all seinen Facetten wirklich kennenzulernen. Bis dahin kenn ich ja hauptsächlich den Großstadt-Aspekt.

Letzte Woche Donnerstag war ich dann mit Amelie, Hannah und zwei ihrer Freundinnen bei einem Vortrag in der Uni. Der Freund von der einen Freundin studiert Astrophysik, war mit einer astrologischen Expedition in der Antarktis und hat davon berichtet:  http://www1.astro.utoronto.ca/~gasa/public_talk/iWeb/Entries/2011/2/astronomy_from_antarctica.php. Danach konnte man noch in den 15. Stock fahren und durch das Teleskop Sirius betrachten. Vom Balkon im 14. Stock konnte ich tolle Fotos von der Toronto-Skyline by night machen, obwohl mir dabei meine Hände fast abgefroren sind und der Wind einige Bilder verwackelt hat …


Danach waren wir dann noch im Mini-Planetarium der Universität, obwohl man dafür eigentlich Anmeldungen haben musste (die wir nicht hatten), aber Juan hatte einen Schlüssel.

Auf dem Weg zur Uni - ich bin vom Institut aus gelaufen (etwa 30 min zu Fuß) war ich übrigens das erste Mal bei Tim Hortons. Wem das nichts sagt - keine Sorge: ich habe auch nachgefragt, als Eva und Laura den Namen in einem Gespräch erwähnt haben. Ich erntete zunächst Stille und ungläubige Blicke, bis die beiden dann sagten, dass diese Frage in etwa der Frage  "Was ist eine Bäckerei?" in Deutschland gleichkäme. Also habe ich auch diese Bildungslücke gefüllt, eine large hot chocolate getrunken und einen caramel chocolate Muffin gegessen, während ich aufgetaut bin und gewartet habe, dass die Zeit bis zum Vortrag im Astronomy Department vergeht. Mir war übrigens schlecht nach diesem Menü ... Zuckerschock vermute ich ;)


Gestern war ich dann mit Amelie im Eaton Centre shoppen und obwohl ich nichts brauchte und eigentlich auch nichts kaufen wollte, besitze ich jetzt eine Hose mehr … aber hey, sie ist wirklich schön, evening blue Cord und war auch runtergesetzt … 29,49€ … also ich bin glücklich mit ihr :D Amelie hat auch eine schöne Hose und Winterstiefel gefunden, insgesamt also ein erfolgreicher Tag, mit Ausklang bei Starbucks.

Gut, ich bekomme langsam Hunger und werde wohl mal kochen gehen. Danach gucke ich dann vermutlich FC Venus, ein Film, den mir Ruth ausgeliehen hat, weil sie ihn so lustig fand.

Morgen starte ich dann in meine 4. Woche, schreibe den Februar-Newsletter fertig und bearbeite mit Nidhi die ‚StepIntoGerman‘-Homepage (es gibt bisher nur eine US-Version, die wir jetzt kanadisieren).

Ach, da fällt mir grad noch der Instituts-Spaziergang ein. Es wurde nämlich eingeführt, dass einmal im Monat alle Mitarbeiter zusammen in der Mittagspause spazieren gehen. Das haben wir dann vorletzten Donnerstag zum ersten Mal gemacht. Spazieren gegangen sind wir weniger – etwa eine Viertelstunde – dann waren wir bei Starbucks, haben auf Kosten von Frau Griegoschewski Kakao getrunken und jeder hat von seinen Wildnis-Abenteuern erzählt. Dazu gehörten unter anderem Begegnungen mit Bären, nächtliche Zelt- oder Campingplatzsuche … wirklich eine unterhaltsame, schöne Mittagspause. Und am Montag waren Amelie und ich zum Essen mit Frau Griegoschewski eingeladen – Indisch.

Jetzt ist aber wirklich Schluss. Ich hoffe, die Länge des Textes ist ein Ausgleich für die 2 Wochen ohne Eintrag und ihr habt Spaß beim Lesen.

Bis zum nächsten Mal :)
so laufe ich hier - kältegeschützt - herum